Screenshot aus GTA 5 unter Arch Linux

Das Jahr des Linux-Desktops: Warum 2025 anders werden könnte

Seit Jahrzehnten heißt es immer wieder: „Das Jahr XXXX wird zum Jahr des Linux-Desktops.“ Selbst eingefleischte Linux-Fans schmunzeln über diese wiederkehrende Prophezeiung, finden sie aber letztendlich unrealistisch. Linux als kompletter Ersatz für Windows findet aktuell schlichtweg nicht statt.

Die Benutzerzahlen sprechen eine klare Sprache: Webstatistiken, Umfragen und die Steam-Hardware-Übersicht zeigen noch immer eine Windows-Dominanz von deutlich über 90%. Linux ist beim Endbenutzer noch nicht angekommen, und solange PCs hauptsächlich mit vorinstalliertem Windows verkauft werden, wird sich das auch nicht grundlegend ändern.

Doch tatsächlich kommt Bewegung in die Sache. Immer mehr Nutzer sind von Windows – insbesondere Windows 11 – frustriert.

Windows 11: Wenn Software Hardware zu Elektroschrott macht

Windows 11 lässt sich nicht ohne Weiteres auf jedem PC installieren. Das Betriebssystem setzt TPM (Trusted Platform Module) voraus, einen Sicherheitschip, der nicht auf allen Computern vorhanden ist. Bei Geräten aus den letzten fünf Jahren ist der Chip wahrscheinlich verbaut, bei älteren Computern jedoch oft nicht.

Das Problem: Ein fünf Jahre alter PC kann durchaus mit einer modernen Gaming-Grafikkarte ausgestattet werden und aktuelle Spiele mit hohen Frameraten und Raytracing bewältigen – nur eben nicht unter Windows 11. Sobald der Support für Windows 10 endet, werden diese funktionsfähigen Computer für das neue Windows-System untauglich.

KI überwacht Ihre Desktop-Aktivitäten

Windows 11 bringt eine Funktion namens „Recall“ mit. Diese ermöglicht es, Arbeitsschritte am PC nachzuvollziehen, indem Windows regelmäßig Screenshots erstellt und eine Datenbank aller Aktivitäten anlegt. Das schließt auch vermeintlich private Browsing-Sessions ein – die KI wertet alle Screenshots aus und macht sie durchsuchbar.

Offiziell passiert dies nur lokal auf dem eigenen PC. Angesichts Microsofts Datenschutz-Historie und Features wie Werbung im Startmenü bleiben jedoch Zweifel, ob und welche Daten in die Cloud übertragen werden. Das Feature ist zwar optional, aber die wenigsten Nutzer werden die entsprechenden Einstellungen ändern. Problematisch: Nach der Deaktivierung funktioniert der Dateimanager teilweise nicht mehr ordnungsgemäß.

Gaming-Revolution: Wie das Steam Deck Linux salonfähig machte

Die meisten PC-Spieler kaufen ihre Games über Steam. Die Plattform bietet einen kompletten Shop, Community-Features, Rezensionen und ein soziales Netzwerk in einem relativ schlanken Client. Epic Games ist zwar direkter Konkurrent, aber der Client ist deutlich langsamer und weniger benutzerfreundlich. Steam bleibt daher Marktführer.

Valve Software hat bereits mehrfach versucht, eigene Konsolen für Steam-Spiele zu entwickeln. Das Problem: Eine Konsole zum Spielen von PC-Games kostete so viel wie ein entsprechender PC, und da sie mit Linux statt Windows ausgeliefert wurde, liefen die Spiele zunächst nicht zufriedenstellend.

Das änderte sich mit dem Steam Deck. Valve baute einen vollwertigen PC in eine handliche Konsole und setzte wieder auf Linux. Das Steam Deck kostete weniger als ein Gaming-Laptop, bot aber vergleichbare Performance. Da anfangs viele Spiele nicht richtig liefen, entwickelten Valve und CodeWeavers gemeinsam „Proton“ – eine auf Wine basierende Software, die Windows-Spiele unter Linux ermöglicht.

Der Durchbruch war beeindruckend: Proton unterstützt mittlerweile die meisten Spiele problemlos und ermöglicht sogar den Einsatz von Anti-Cheat-Systemen. (Ausnahmen bestehen, beispielsweise bei Rockstar Games, die BattlEye nutzen, aber bewusst die Linux-Unterstützung ausgeschlossen haben.)

Das handliche Steam Deck mit Linux wurde ein echter Verkaufserfolg. AAA-Titel wie Cyberpunk, GTA, Red Dead Redemption oder Doom laufen problemlos mit guten Frameraten und beeindruckender Grafik – auf einem „normalen“ PC mit Linux-Unterbau.

Linux Gaming am Desktop: Die übertragbare Lösung

Das Steam Deck ist im Kern ein Standard-PC, und Linux läuft auf Standard-PCs. Die Proton/Steam-Kompatibilität lässt sich problemlos auf einem fünf Jahre alten PC ohne TPM nutzen. Steam kann unter jeder Linux-Distribution nachinstalliert werden, und Steam übernimmt die technischen Details, damit Windows-Spiele auf Linux-Systemen funktionieren.

Performance-Vorteile

Linux läuft aufgrund seiner Geschichte als Serverbetriebssystem deutlich ressourcenschonender als Windows. Server müssen kosteneffizient sein, und Linux hat entsprechend weniger Hintergrunddienste. Während Windows alles von Bluetooth bis zum Virenscanner beim Start aktiviert, schalten Linux-Nutzer Features nur bei Bedarf ein. Ein Virenscanner ist meist nicht erforderlich.

Interessant: Gaming setzt normalerweise DirectX voraus, das unter Linux nicht verfügbar ist. Proton und DXVK übersetzen DirectX-Befehle in Vulkan-Befehle, was oft sogar schneller funktioniert als unter Windows. Dennoch bleibt es eine Software-Abstraktionsschicht über der eigentlichen Software.

Die Herausforderungen bleiben bestehen

Linuxuser und Steam-Deck-User. Generiert durch ChatGPT.

Die Linux-Welt ist nicht ohne Probleme. Entscheidende Nachteile beim Betriebssystem selbst gibt es zwar nicht, aber die fehlende Einheitlichkeit bleibt ein Hindernis. Linux ist letztendlich „nur“ der Kernel. Debian setzt vollständig auf Open Source, Arch Linux verwendet die neueste (oft ungetestete) Software. Treiber werden für Linux oft nachrangig entwickelt, besonders bei Nvidia-Grafikkarten.

Auch die Software-Installation unterscheidet sich zwischen Distributionen: Debian-basierte Systeme (Ubuntu, Linux Mint) nutzen „apt“, Arch verwendet „pacman“, „paru“ oder „yay“, Fedora arbeitet mit „dnf“. Die meisten Distributionen liefern Software-Center mit, die jedoch oft nachkonfiguriert werden müssen.

Diese fehlende Einheitlichkeit kritisiert sogar Linus Torvalds, der Erfinder von Linux. Er nutzt Fedora, weil er einfach Software entwickeln möchte – Distributionen, die erwarten, dass Nutzer Pakete selbst kompilieren (Arch/Gentoo), findet er unpraktisch.

Fazit: Eine realistische Chance

2025 könnte tatsächlich anders werden – nicht weil Linux plötzlich perfekt wäre, sondern weil Windows zunehmend Nutzer verprellt. Die Kombination aus Hardware-Ausschluss durch TPM-Anforderungen, fragwürdigen KI-Features und der bewiesenen Gaming-Tauglichkeit durch das Steam Deck schafft neue Voraussetzungen.

Linux wird nicht zum Mainstream-Desktop, aber es wird eine echte Alternative für frustrierte Windows-Nutzer, Gamer mit älterer Hardware und alle, die Kontrolle über ihr System zurückgewinnen möchten.

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