Auf dem Youtube-Kanal von Anne-Kathrin Dern, die unter anderem Musik für „Die Familie Klaus“ oder „Woodwalkers“ geschrieben hat, gibt’s ein 1,5 Stunden Video darüber, wie man aus einem Piano-Stück ein komplettes Orchesterstück macht, zumindest aber ein sogenanntes Mockup, das man dann an ein professionelles Orchester übergeben könnte. Das Video habe ich unten eingebunden, aber da ihr durchaus alle selbst in der Lage seid, Youtube zu nutzen, schreibe ich mal hier hin, wie ich das Prinzip mit diesem Midi hier nachbaue.

Das ist das Midi, um das es geht:

Ihr seht, so komplex ist das Piano-Midi gar nicht. Aber wie kommen wir nun von diesem kleinen Stück hier zu einem richtigen Orchesterstück?

Bass

Wir nehmen das Klavier und arbeiten uns von unten nach oben durch. „Unten“ heißt im Regelfall, dass wir da die Bässe haben. Die Bässe sind der Grundton, auf dem alle Akkorde aufbauen. Also ist das gar nicht so verkehrt. Wir markieren die Bassnoten, kopieren diese (Strg+C) und muten diese dann (Alt+M).

Reaper: Noten markieren

Anschließend erstellen wir einen neuen Track, den wir z.B. Bass oder Cellospur benennen und fügen die markierten Noten dort ein. Wichtig hier ist, dass du evtl. dann mit „T“ die Noten 12 Noten nach oben oder unten transponieren musst, falls die Klaviernoten out of Range sind.

Da Celli und Bass-Streicher dynamisch sind, passt du bitte noch die Modulationskanäle Expression (CC11) und Modwheel (CC01) und malst da so Wellenformen hin, um ein echtes Streicherspiel einer Cellistin zu simulieren. Theoretisch sollte das Ergebnis in etwa so klingen:

In Kombination mit dem Piano merkt man ziemlich schnell, dass das allein schon ziemlich gut klingt. Wir arbeiten uns nun aber weiter vor.

Streicher (Bratschen und Violinen)

Wir kommen jetzt an dem Punkt an, wo wir die Akkorde setzen. Das wird normalerweise in Orchestern von Streichern gespielt. Ich kann hier nur drauf hinweisen, dass du bitte keine Ensemble-Streicher nimmst, weil du dort die Kontrolle darüber verlierst, wie Bässe und Höhen ausbalanciert sind. Ensemble-Strings haben ihre Daseinsberechtigung, wenn du z.B. Live etwas einspielst oder wenn die Streicher an sich wirklich ausschließlich im Hintergrund leise vor sich hinspielen sollen. Wir sind aber ja ein Orchester, also muss das schon irgendwie knackiger klingen.

Übrigens solltest du, zumindest vorerst, auf das Einstellen des Pannings verzichten. Moderne Bibliotheken sind normalerweise so aufgenommen worden, dass sie realistisch im Raum stehen. Selbst am Panning herum zu schrauben ist also nicht möglich.

Layering ist dein Freund. Wenn du verschiedene Bibliotheken hast, lege sie übereinander. Gerade die Kombination „Solo-Streicher“ und „Streichergruppe“ sorgt für einen vollen, knackigen Sound.

Wir haben in diesen Screenshot nun die mittleren Noten markiert und kopiert und gemuted.

Anschließend fügen wir diese Noten in einem neuen Track ein und ziehen sie auf die volle Länge. Das ganze sieht dann so aus.

Auch hier setzen wir die dynamischen Kurven, damit das ganze realistischer klingt. Und wie gesagt: Layern, layern, layern. Ich habe an dieser Stelle Bratschen und Geigen genutzt. Außerdem habe ich die Noten verlängert.

Aktuell müsste dein Release so ähnlich wie das hier klingen, ist noch weit vom orchestralen Sound weg, aber wir sind auf dem Weg.

Die Hauptmelodie

Aktuell wird die Hauptmelodie noch von dem Klavier gespielt. Das müssen wir dringend ändern. Machen wir da mal eine Legato-Flöte draus. Ich habe hier auch nochmal an den Patches etwas verändert, damit es fließender klingt.

Zuletzt fügen wir noch eine Harfe hinzu, die die Akkorde spielt.

Insgesamt klingt das ganze jetzt schon einmal so:

Percussion

Eigentlich eignet sich das Mockup gar nicht so richtig für Percussion. Ich habe nun also mal folgende Schritte durchgeführt. Die einzelnen Tracks setzen nacheinander ein und daher habe ich die Items dupliziert und nur die Takes mit abgespielt, die ich gerade brauche. Anschließend leite ich in einen Percussion-Teil um, bei dem quasi die Melodie weiter gespielt wird, aber andere Instrumente übernehmen.

Nachdem wir das gemacht haben, fummeln wir noch ein bisschen an dem Mix herum und schon haben wir einigermaßen was aus einem Klavierstück gezaubert. Natürlich ist das nicht perfekt, aber ich glaube, hier kann man schon ein bisschen was rausholen.

Fazit

Ich bin selbst erst neu in dem „Filmscore“-Genre. Aber ich glaub, wenn ich damit so weiter mache, könnte das was werden. Hier nun das wundervolle Video von Anne-Kathrin.